Ein paar Gedanken zum Fasten

Ich kann es nicht glauben, aber kaum ein Tag vorbei und schon wieder ein neuer Blog-Post! Der Grund ist eine einfache Frage, die mir eine Arbeitskollegin heute stellte. Ich hatte die letzten drei Tage meine jährliche „Fastenkur“ gemacht, in der ich nur Wasser und Tee zu mir nahm. Es geht mir dabei vor allem um zwei Dinge: (i) schnelles Erreichen einer Ketose und Aktivierung von Autophagie, der zellulären „Müllabfuhr“ [1]; (ii) Testen der Willensstärke (Fasten fällt mir als Genussesser extrem schwer). Drei Tage betrachte ich als Maximum putty , da ich nicht zu viel Muskelmasse verlieren will. Die klassischen Komponenten des Heilfastens wie Abführen, Gemüsesäfte, starke körperliche Schonung lasse ich weg, versuche aber die Tage bewusster, aufmerksamer und spiritueller als sonst zu verbringen. So  marschierte ich am 3. Tag bei einer 17 km  langen Wallfahrt vom fränkischen Dettelbach nach Wipfeld mit, was zwar aufgrund des Fastens körperlich fordernd, aber sehr meditativ war.

Besagte Frage meiner Kollegin lautete nun, ob ich nicht bei dieser Wanderung in „Unterzucker“ geraten wäre. Ich war zunächst so verdutzt dass ich kurz überlegen musste warum sie so etwas fragt. Mein Blutzucker vor und nach der Wallfahrt lag bei 58 mg/dl um 6:30 morgens und 64 mg/dl um 17:00. Dann viel mir ein, dass ich früher tatsächlich Probleme mit solch niedrigen Konzentrationen bekommen hätte, denke ich nur an die vielen Hungeräste, die ich noch vor 10-15 Jahren öfter bei langen Radfahrten zu spüren bekam. Heutzutage glaube ich, dass solch niedrige Blutzuckerspiegel physiologisch sind und während der Evolution des Menschen regelmäßig vorkamen. So versuchte ich der Kollegin zu erklären, dass bei guter Keto-Adaption so etwas wie Unterzucker nicht mehr vorkommt, da das Gehirn wunderbar auf Ketonkörper als Energiequelle umschalten kann. Sehr schön belegt haben das in den 1970er Jahren Ernst J. Drenick und Kollegen, die Probanden nach 2 Monaten Fasten mittels Insulin bis auf 9 mg/dl (!!) Blutzucker herunterbrachten, ohne irgendwelche Symptome von Hypoglykämie auszulösen [2]. Wieder mal ein Beispiel dass das was heutzutage als normal gilt, nicht normal sein muss, sondern die Folge unseres „neuen“ Lebensstils ist, in dem eine stabile physiologische Ketose nach dem Baby-Stadium nie mehr auftritt. Eigentlich sehr schade und wahrscheinlich dumm, eine solch nützliche Fähigkeit freiwillig abzugeben.

  1. Rojas-Morales P, Tapia E, Pedraza-Chaverri J. β-Hydroxybytate: A signaling metabolite in starvation response? Cell Signal. 2016;28: 917–923.
  2. Drenick EJ, Alvarez LC, Tamasi GC, Brickman AS. Resistance to Symptomatic Insulin Reactions after Fasting. J Clin Invest. 1972;51: 2757–2762.
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