Offener Brief von Wissenschaftlern gegen Impfpflicht

Eine Impfpflicht mit Covid-19 Vakzinen ist nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand rechtlich und ethisch nicht begründbar.

Die von Befürwortern einer allgemeinen Impfpflicht vertretene Auffassung, dass die kollektive Impfung in der gegenwärtigen Situation alternativlos sei, ist nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand unhaltbar. Es gibt keine den üblichen Standards folgenden wissenschaftlichen Daten, die belegen, dass die Impfung für jede Bürgerin, jeden Bürger unabhängig von Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen oder anderen Faktoren mehr Nutzen als Schaden stiftet.

Weder liegen hierzu die üblicherweise in Zulassungsverfahren geforderten Daten aus randomisierten kontrollierten Studien noch aus epidemiologischen Kohorten mit hinreichender Qualität vor. Für große Gruppen der Bevölkerung gibt es überhaupt keine Evidenz für einen Nutzen, z.B. für gesunde Kinder und junge Erwachsene oder für Schwangere im ersten Drittel der Schwangerschaft. Dagegen ist ein Schaden nicht auszuschließen, sondern ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sogar anzunehmen. Solche Gruppen zur Impfung zu nötigen, heißt von ihnen zu fordern, dass sie eine Körperverletzung hinnehmen. Die Frage, ob eine Impfung für eine konkrete Person sinnvoll ist oder nicht, verbleibt eine individuelle Entscheidung, die ggfs. nach Rücksprache mit einer Ärztin/Arzt des Vertrauens von jeder Bürgerin und jedem Bürger, bzw. von Eltern in eigener Verantwortung beantwortet werden muss. Die immer wieder postulierte »Notlage« ist hypothetisch und muss nach fast zwei Jahren in einem der bestentwickelten Gesundheitssysteme der Welt als unrealistisch betrachtet werden. Die scheinbare Begründung einer solchen Notlage durch mathematische Modelle führt in die Irre. Sofern trotz der in Deutschland verfügbaren Kapazitäten Versorgungsprobleme auftreten, ist vielmehr nach der politischen und organisatorischen Verantwortung zu fragen.

Dem Staat fehlt nach dem Vorgesagten jegliche wissenschaftliche, rechtliche und ethische Legitimation, sich über den Willen von Bürgerinnen und Bürgern hinwegzusetzen.

Neben der allgemeinen Impfpflicht wird die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen wie Krankenhauspersonal, Beschäftigte in der Pflege etc. unter dem Gesichtspunkt eines erhöhten Schutzbedarfs vulnerabler Gruppen diskutiert. Die bisherigen Erfahrungen in der Bundesrepublik zeigen, dass nach einer gewissen Einschwingzeit am Anfang der Pandemie die professionelle Hygiene dieser Berufsgruppen ausreichend ist, Ausbrüche weitestgehend zu verhindern. Eine generelle Impfpflicht in diesen Berufsgruppen muss somit als unverhältnismäßig angesehen werden, auch und gerade vor dem Hintergrund einer Infizierbarkeit durch Geimpfte. Ein konsequenter Infektionsschutz erfordert bei entsprechender epidemischer Lage die Testung des Personals unabhängig von dessen Immunstatus, womit der Zusatznutzen der Impfung fraglich wird und eine Impfpflicht nicht gerechtfertigt werden kann.

Auch in dieser Situation hat der Staat nicht das Recht, die individuelle Entscheidung über die Impfung vorzuschreiben, da es niederschwellige Maßnahmen gibt, die den gleichen Zweck erfüllen.

Die Unterzeichner

Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel, Essen
Prof. Dr. Ulrich Keil, Münster
Dr. Angela Spelsberg, Aachen
Prof. Dr. Andreas Schnepf, Tübingen
Prof. Dr. Michael Esfeld, Lausanne
Prof. Dr. Paul Cullen, Münster
Prof. Dr. Bernhard Müller, Melbourne
Prof. Dr. Boris Kotchoubey, Tübingen
Prof. Dr. Tobias Unruh, Erlangen
Dr. Sandra Kostner, Schwäbisch Gmünd
Dr. René Kegelmann, Stuttgart
PD Dr. Stefan Luft, Bremen
Prof. Dr. Harald Schwaetzer, Biberach
Prof. Dr. Andreas Brenner, Basel
Prof. Dr. Wolfram Schüffel, Marburg
Prof. Dr. Anke Steppuhn, Stuttgart
Prof. Dr. Saskia Hekker, Heidelberg
Jun.-Prof. Dr. Alexandra Eberhardt, Paderborn
Dr. Henning Nörenberg, Malmö
PD Dr. Axel Bernd Kunze, Bonn
Prof. Dr. Henrieke Stahl, Trier
Dr. Jens Schwachtje, Nürtingen
Prof. Dr. Christin Werner, Dresden
Prof. Dr. Ole Döring, Berlin
Dr. Christian Lehmann, München
Prof. Dr. Thomas Sören Hoffmann, Hagen
Prof. Dr. Stefan Homburg, Hannover
Prof. Dr. Salvatore Lavecchia, Udine
Prof. Dr. Steffen Roth, La Rochelle und Vilnius
Dr. Jan Dochhorn, Durham
Prof. Dr. Günter Roth, München
Dr. Hans-Jörg Ulmer, Leinfelden-Echterdingen
Prof. em. Dr. Stephan Rist, Bern
Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Bazenheid
PD Dr. Rainer Klement, Schweinfurt
Dr. Matthias Burchardt, Köln
Prof. Dr. Eberhard Göpel, Bielefeld
Prof. Dr. Sven Hildebrandt, Dresden
Dr. Justine Büchler, Dresden
Prof. Dr. Martin Winkler, Winterthur
Dr. Agnes Imhof, Erlangen
Prof. Dr. Viktoria Däschlein-Gessner, Bochum
Prof. Dr. Jörg Matysik, Leipzig
Dr. Christian Mézes, Schwäbisch Gmünd
Dr. Mohamed Mahde Saleh, Bonn
Prof. Dr. Alexander Blankenagel, Berlin
Dr. Dana Sindermann, St. Gallen
Prof. Dr. Gerald Dyker, Bochum
Prof. Dr. Pietro Corvaja, Udine
Prof. Dr. Klaus Morawetz, Münster
Prof. Kerstin Behnke, Weimar
Prof. Dr. Christina Zenk, Trossingen
Prof. Dr. Friedrich Röpke, Heidelberg
Prof. Dr. Hardy Bouillon, Trier

Wissenschaft, Evidenz und die aktuelle Wodarg-Denunziation

(Dieser Artikel ist in leicht veränderter Form auch auf Rubikon erschienen)

Der aktuelle Ausnahmezustand basiert auf der Prämisse, dass der COVID-19 Erreger extrem virulent, das heißt sehr ansteckend und tödlich, ist. Der Epidemiologe Dr. Wolfgang Wodarg war von Beginn der COVID-19 Krise an einer der wenigen, die diese vom Mainstream unkritisch für wahr befundene Prämisse hinterfragt haben. Ihm zufolge ist an der derzeitigen Erkrankungswelle und Mortalitätsrate nichts Außergewöhnliches. Dies belegt er auch mit Daten und Verweisen auf externe Quellen, wie man auf seiner Homepage nachlesen kann. Dennoch wird Wodarg aktuell zunehmend für seine Aussagen kritisiert. In einem Artikel „Coronavirus: Warum die Aussagen von Wolfgang Wodarg wenig mit Wissenschaft zu tun haben“ warfen die beiden Journalisten Frederik Richter und Bianca Hoffmann Dr. Wodarg Unwissenschaftlichkeit vor und behaupten, er vermische Fakten mit Spekulationen [1]. In die gleiche Kerbe schlägt die Tagesschau mit ihrem Artikel „Alles nur Panikmache?“ [2] oder der Spiegel  [3]. Hier möchte ich als kurz auf einige Argumente gegen Wodarg eingehen.

Mutation und Virulenz

Richter und Hoffmann schreiben: „Wodarg argumentiert, dass es ein normaler Vorgang sei, dass sich Viren verändern, um sich verbreiten zu können. Allerdings lässt er die Problematik des aktuellen SARS-CoV-2-Ausbruch unter den Tisch fallen: Für dieses Virus gibt es bisher weder einen Impfstoff noch eine Immunität in der Bevölkerung. Lässt man der Pandemie also ihren Lauf, ist das Gesundheitssystem schnell überlastet“ [1].

Richter und Hofmann scheinen hier einen kausalen Zusammenhang zwischen Mutationen und Ansteckungsgefahr zu ziehen. Allerdings sind Mutationen bei Viren, auch wenn ihnen der Laie vielleicht etwas Machtvolles oder Unberechenbares zuschreibt, völlig normal und spielen in deren und unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Es gibt keinen Grund zu der a priori Annahme, dass Mutationen per se einen Virus virulenter machen; das gilt auch für Mutationen, die es einem Virus wie SARS-CoV-2 erlauben, vom Tier auf den Menschen übertragen zu werden [4]. Das gibt auch die Tagesschau zu, schreibt dann aber: „Allerdings deuten die ersten Erfahrungen mit dem neuen Virus darauf hin, dass Infektionen häufiger schwer oder sogar tödlich verlaufen als beispielsweise bei Grippeviren“ [2].  Schauen wir uns die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Virus in Italien und Deutschland mal an.

Das italienische Institute Superiore di Sanita veröffentlichte am 17. März einen Bericht zu den positiv getesteten und verstorbenen Fallzahlen in Italien (https://www.epicentro.iss.it/coronavirus/bollettino/Report-COVID-2019_17_marzo-v2.pdf). Demnach betrug das mediane Alter der Patienten mit COVID-19 Diagnose 63 Jahre, das der verstorbenen Patienten 80,5 Jahre. Nur 0,8% aller Verstorbenen hatten keine Begleiterkrankung, jeweils knapp ein Viertel hatte eine bzw. zwei Komorbiditäten, und fast die Hälfte (48,5%) besaß drei oder mehr Begleiterkrankungen. Die Zahlen für Deutschland ergeben ein ähnliches Bild [5]: Das Durchschnittsalter der bisher Verstorbenen 39 Patienten, über die medial berichtet wurde, lag bei über 80 Jahren, der jüngste Patient war 49 Jahre. Mindestens 81% wiesen mindestens eine Komorbidität auf.

Zusammengenommen scheinen diese Daten Wodarg‘s Hypothese, das neue Virus sei nicht gefährlicher als normale Grippeviren, bisher also zu bestätigen und die Behauptungen der Wodarg-kritischen Journalisten zu widerlegen. Eine neue Abschätzung der Infektions-Sterberate durch eine japanisch-amerikanische Arbeitsgruppe kommt auf einen Wert von 0,04 Prozent [6], was Wodarg’s Argument weiter bestätigen würde, wobei diese Berechnung erst noch von Fachkollegen im sogenannten Peer-Review-Verfahren geprüft werden muss.

Als letzte Anmerkung sei erwähnt, dass allein die tägliche Auflistung neuer Fälle keine objektive Beurteilung ob der Gefährlichkeit des SARS-CoV-2 Virus im Vergleich zu anderen Viren zulässt. Es fehlen nämlich parallele Aufzählungen von anderen Virusinfektionen und damit zusammenhängender Todesfälle. Letztere werden zum Teil nicht getestet und nicht berichtet. Subjektiv entsteht aber der Eindruck, dass die SARS-CoV-2-Pandemie täglich weiter um sich greift. 

Das Argument mit dem Test

Die Journalisten Richter und Hofmann und die Tagesschau kritisieren Wodarg dafür, dass er Skepsis gegenüber dem in der Charité entwickelten SARS-CoV-2 Test zeigt. Wodarg argumentiert auf seiner Homepage (https://www.wodarg.com/) mit den folgenden drei Punkten:

•  Die benutzten Tests sind nicht amtlich validiert, sondern lediglich von miteinander kooperierenden Instituten befürwortet worden.

•  Die Tests werden häufig (Wuhan und Italien) selektiv z.B. bei ohnehin Schwerkranken angewendet und sind dann für die Abschätzung einer Seuchengefahr unbrauchbar.

•  Ohne die in ihrer Aussagekraft und ihrer verfälschenden Anwendung fragwürdigen Tests gäbe es keine Indikation für Notfallmaßnahmen.

Zum ersten Punkt: In der Originalpublikation der Testentwicklung schreiben die Autoren um den Virologen Christian Drosten [7]: “We report here on the establishment and validation of a diagnostic workflow for 2019-nCoV screening and specific confirmation, designed in absence of available virus isolates or original patient specimens. Design and validation were enabled by the close genetic relatedness to the 2003 SARS-CoV, and aided by the use of synthetic nucleic acid technology.”

Der Test wurde also in einem Schnellverfahren ohne originale SARS-CoV-2 Isolate von Patienten, sondern mit Hilfe der synthetischen Biologie auf Basis des alten SARS-CoV entwickelt. In ihrer Studie behaupten die Autoren, der Test habe bei 297 Proben von anderen Viren kein einziges Mal eine positive Reaktion gezeigt [7]. Darunter waren auch 67 Proben anderer menschlicher Coronaviren. Demnach hätte der Test eine Falsch-Positiv-Rate von 0%. Diese Annahme ist allerdings tatsächlich unrealistisch, da es in der klinischen Anwendung diagnostischer Tests immer eine gewisse Falsch-Positiv-Rate gibt. Dass diese nicht bekannt ist, liegt in der Tat an der fehlenden Validierung des Tests, was genau Wodarg‘s Argument ist. Eine chinesische Validierungsstudie zu den in China verwendeten COVID-19 Tests berichtet zum Beispiel von einer mindestens knapp 50-prozentigen Falsch-Positiv-Rate [8]. Rein wissenschaftlich gesehen ist also Skepsis gegenüber dem von Drosten und Kollegen entwickelten Test angebracht, solange bis es weitere Validierungsstudien gibt.

Zum zweiten Punkt: Hier spielt Wodarg auf das Problem der unbekannten Basisrate der CORVID-19 Erkrankung an. Wie ich bereits in einem anderen Artikel erklärt habe [9] puttygen download , ist die Basisrate der Anteil einer Population, welche infiziert ist. Mit anderen Worten ist die Basisrate die Wahrscheinlichkeit, mit der man eine Infektion bei einem zufällig ausgewählten Individuum erwartet ohne einen Test durchgeführt zu haben. Ein positives Testergebnis allein sagt nichts über die Wahrscheinlichkeit aus, auch tatsächlich infiziert zu sein. Um diese nämlich zu berechnen, bedarf es neben den Teststatistiken der Sensitivität und Spezifität (=100 Prozent minus Fasch-Positiv-Rate) auch der Kenntnis der Basisrate, denn nach dem Satz von Bayes gilt:

P(V|T) = P(T|V)*P(V)/P(T)

Hierbei bezeichnet P(V|T) die Wahrscheinlichkeit, mit dem Virus infiziert zu sein (V=Virusinfektion), nachdem ein positives Testergebnis erhalten wurde (T=positiver Test), P(T|V) die Wahrscheinlichkeit, ein positives Testergebnis zu erhalten, wenn man tatsächlich mit dem Virus infiziert ist (=Sensitivität), und P(V) bezeichnet die Basisrate. Das grundsätzliche Problem ist, dass die Basisrate aufgrund der Neuartigkeit von COVID-19 nicht bekannt ist, aber sehr wahrscheinlich bei hospitalisierten Patienten höher ist als in der gesunden Normalbevölkerung. Eine Berechnung der Basisrate aus obiger Formel von Daten, die an schwerkranken Patienten gewonnen wurden, wäre also nicht repräsentativ für die Normalbevölkerung. Abgesehen davon würde die oben bereits erwähnte Unsicherheit der Sensitivität des Tests eine weitere Unsicherheit für die Berechnung der Basisrate darstellen. Allein die positiven Testergebnisse bei Personen mit bereits vorhandenen COVID-19 Symptomen sind also tatsächlich für die Abschätzung der Basisrate in der Bevölkerung unbrauchbar.

Evidenz und Kausalität

Der dritte Punkt Wodarg’s spielt auf die generelle Fragwürdigkeit der Aussage eines positiven Testergebnisses an. Denn selbst wenn wir davon ausgehen, dass nach positiven Test eine Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus vorliegt, ist die entscheidende Frage dann: was ist die Evidenz dafür, dass der/die positive Getestete die CORVID-10 Krankheit entwickelt und seine/ihre Sterbewahrscheinlichkeit ansteigt? In der Wissenschaftsphilosophie lässt sich Evidenz als Maß dafür auffassen, wie stark Daten eine bestimmte Hypothese gegenüber einer anderen Hypothese stützen [10]. Mit anderen Worten: Evidenz misst das Gewicht einer Hypothese gegenüber einer alternativen Hypothese. Was ist also die Evidenz dafür, dass SARS-CoV-2 eine überhöhte Sterblichkeit bei Infizierten hervorruft? Dies ist eine kausale Hypothese der Form „SARS-CoV-2 ist die Ursache dafür, dass damit infizierte Personen mit höherer Wahrscheinlichkeit sterben als durch andere normal vorkommende Viren“. Demgegenüber stellen wir die rein korrelative Hypothese der Form „SARS-CoV-2 Infektionen sind mit einem erhöhten Sterberisiko assoziiert, ohne aber die Ursache zu sein“. Können wir bei Patienten zwischen beiden Hypothesen anhand des SARS-CoV-2 Tests unterscheiden? Nein, denn im Krankenhaus gibt es viele weitere Keime, an denen mit SARS-CoV-2 infizierte Patienten versterben können. In diesem Fall wäre die SARS-CoV-2 Infektion lediglich ein Störfaktor einer anderen kausalen Beziehung, und sowohl mit der Ursache (z.B. einem bestimmten Krankenhauskeim) als auch der Wirkung (überhohes Sterberisiko) assoziiert. Ein positiver Test kann also nicht unterscheiden, ob man durch oder mit SARS-CoV-2 stirbt. Um Evidenz für die kausale Hypothese zu bekommen, müsste man auf alle anderen möglichen Keime testen und diese ausschließen. Das heißt zusammengefasst, allein die positiven Testergebnisse an Patienten, die dann versterben, sind keine Evidenz dafür, dass SARS-CoV-2 ursächlich für deren Tod verantwortlich war.

Neben Wodarg macht auch der berühmte Methodiker und Public Health Forscher John P.A. Ioannidis, der zu den meistzitierten Wissenschaftlern der Welt gehört [11], auf die fehlende Evidenz aufmerksam, die die derzeit laufenden drastischen sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen rechtfertigen würde [12]: „[W]e are making decisions without reliable data…The current coronavirus disease, Covid-19, has been called a once-in-a-century pandemic. But it may also be a once-in-a-century evidence fiasco.” Immer mehr hochkarätige Wissenschaftler schließen sich an. So schreibt der Mediziner und ehemalige Chef der anerkannten Cochrane-Kollaboration Peter C. Gøtzsche am 21. März in seinem Blog [13]: „Logik war eines der ersten Opfer der COVID-19 Krise“ (Übersetzung des Autors).

Die Logik der derzeitigen Panikverbreitung ist leider, dass Menschen wie in Italien in die generell ausgelasteten Krankenhäuser strömen, was zu überfüllten Krankenhäusern und damit höherer Mortalität führt. Eine kausale Kette, an deren Anfang Politiker und Massenmedien als Verantwortliche stehen. Dass Journalisten gleichzeitig die Seriosität bzw. „Wissenschaftlichkeit“ von kritischen Wissenschaftlern wie Wodarg in Frage stellen ist nur der Gipfel eines Berges der Irrationalität der derzeitigen COVID-19 Krise.

Referenzen

1. Richter F, Hoffmann B. Coronavirus: Warum die Aussagen von Wolfgang Wodarg wenig mit Wissenschaft zu tun haben. CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft. 2020 [Zugriff 21. März 2020]. URL: https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/03/18/coronavirus-warum-die-aussagen-von-wolfgang-wodarg-wenig-mit-wissenschaft-zu-tun-haben

2. Taßler J, Heck J. Alles nur Panikmache? tagesschau.de. 2020 [Zugriff 21. März 2020]. Available from: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-wodarg-101.html?utm_source=pocket-newtabhttps://www.tagesschau.de/faktenfinder/corona-wodarg-101.html?utm_source=pocket-newtab

3. Merlot J. Die gefährlichen Falschinformationen des Wolfgang Wodarg. Spiegel. 2020 [Zugriff 21. März 2020]. Available from: https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-die-gefaehrlichen-falschinformationen-des-wolfgang-wodarg-a-f74bc73b-aac5-469e-a4e4-2ebe7aa6c270

4. Grubaugh ND, Petrone ME, Holmes EC. We shouldn’t worry when a virus mutates during disease outbreaks. Nat Microbiol. 2020;[Epub ahead of print].

5. COVID-19-Pandemie in Deutschland. Wikipedia. 2020 [Zugriff 21. März 2020]. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Deutschland#Todesfälle_in_den_Medien

6. Mizumoto K, Kagaya K, Chowell G. Early epidemiological assessment of the transmission potential and virulence of 2019 Novel Coronavirus in Wuhan City: China, 2019-2020. medRxiv. 2020;2020.02.12.20022434. URL: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.02.12.20022434v1

7. Corman VM, Landt O, Kaiser M, Molenkamp R, Meijer A, Chu DK, et al. Detection of 2019 novel coronavirus (2019-nCoV) by real-time RT-PCR. Eurosurveillance. 2020;25:1–8.

8. Zhuang G, Shen M, Zeng L, Mi B, Chen F, Liu W, et al. Potential false-positive rate among the “asymptomatic infected individuals” in close contacts of COVID-19 patients. Zhonghua Liu Xing Bing Xue Za Zhi [Chinese Journal of Epidemiology]. 2020;41:485–8.

9. Klement RJ. Die Angst-Kampagne. Rubikon; 2020. URL: https://www.rubikon.news/artikel/die-angst-kampagne

10. Klement RJ, Bandyopadhyay PS. Emergence and Evidence: A Close Look at Bunge’s Philosophy of Medicine. Philosophies. 2019;4:50.

11. Ioannidis JPA, Baas J, Klavans R, Boyack KW. A standardized citation metrics author database annotated for scientific field. PLoS Biol. 2019;17:e3000384.

12. Ioannidis JPA. A fiasco in the making? As the coronavirus pandemic takes hold, we are making decisions without reliable data. 2020 [Zugriff 21. März 2020]. URL: https://www.statnews.com/2020/03/17/a-fiasco-in-the-making-as-the-coronavirus-pandemic-takes-hold-we-are-making-decisions-without-reliable-data/

13. Gøtzsche PC. Corona: an epidemic of mass panic. 2020 [Zugriff 21. März 2020]. URL: https://www.deadlymedicines.dk/category/blog/

Die Corona-Angst-Kampagne

(Dieser Artikel ist in leicht veränderter Form auch auf Rubikon erschienen)

Europa ist im Krieg. Im Krieg gegen einen Virus aus der Gattung der Coronaviren, genannt SARS-CoV-2 . Nach Italien und anderen Ländern hat nun auch Deutschland Kindergärten, Schulen, Schwimmbäder, Turnhallen und viele Arbeitsplätze geschlossen und damit einen Ausnahmezustand geschaffen, der seit ich mich erinnern kann in der BRD so noch nicht vorkam. Viele Menschen, die ich treffe, spüren instinktiv, dass diese Maßnahmen überzogen sind, und fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt. Ich gehöre auch dazu. Auch wenn ich wahrlich kein Experte zu COVID-19 (der durch SARS-CoV-2 ausgelösten Erkrankung) bin, ist es einfach zu offensichtlich, dass die Medien eine gezielte Hysterie und Angst vor dem Virus verbreiten. Die Berichterstattung ist so einseitig, dass ausschließlich Ärzte-, Politiker- und Journalistenmeinungen zu Wort kommen, die vor der Gefährlichkeit des Virus warnen und die drastischen Einschränkungen des sozialen Lebens als unbedingt notwendig oder sogar noch zu mild erachten. Über alternative Sichtweisen wird nicht berichtet bzw. diese werden wie so oft als „Verschwörungstheorien“ abgestempelt und daher von vornherein nicht als alternative Hypothesen zugelassen. Ich möchte daher nur ein paar eigene Gedanken zur COVID-19 „Pandemie“ äußern, die zum eigenen Weiterdenken anregen sollen.

Die Pandemie

Skepsis gegenüber der von der WHO ausgerufenen Pandemie ist schon aus historischen Gründen angebracht. Wer erinnert sich noch an die Schweinegrippe? Auch damals hat die WHO eine Pandemie ausgerufen, und dies wurde zur Rechtfertigung eines massiven Impfprogramms genutzt, welches viele unnötige, darunter zum Teil schwere neurologische, Nebenwirkungen verursacht hat [1]. Im Nachhinein hat sich alles als ein großer Fake, aber ein gutes Geschäft für die Pharmaindustrie entpuppt. Ähnliche Angstkampagnen gab es 2002/2003 gegen die erste SARS-Corona-Welle (der damalige Erreger hat große Ähnlichkeit mit dem jetzigen SARS-CoV-2 [2]) oder 2005/2006 gegen die Vogelgrippe. Diese stellten sich im Nachhinein als völlig überzogen heraus putty download , z.B. gab es in Deutschland kein einziges Todesopfer [1].

Medizin und Reduktionismus

Was sich gerade ereignet, ist wieder ein Beispiel für den in der Medizin vorherrschenden Reduktionismus. Alle Maßnahmen werden auf die Betrachtung des Virus reduziert ohne den Menschen als Ganzes, quasi als „System“, zu sehen. So entsteht der Eindruck, überall würden tickende Überträger-Zeitbomben herumlaufen, bei deren Kontakt man unwiderruflich infiziert würde. Völlig vergessen wird, dass wir ein Immunsystem haben, das normalerweise in der Lage sein sollte, mit dem Virus fertig zu werden. Ist es wirklich der Gesundheit förderlich, Menschen beim kleinsten Verdacht zu verbieten, ihr Haus zu verlassen und damit wichtigen sozialen Kontakt, Bewegung und Sonnenexposition zu unterbinden? Statt Angst zu schüren, wäre es meiner Meinung nach eine bessere Strategie, die Menschen zu mehr Selbstverantwortung bezüglich ihres eigenen Körpers und ihren Mitmenschen gegenüber zu motivieren – dann könnte man sich die von Politikern vorgegebenen Freiheitseinschränkungen sparen.

Was wäre wenn…

Stellen wir uns vor, man hätte keinen Test entwickelt, der das neue Coronavirus nachweisen kann. Das heißt, die Medien hätten wahrscheinlich nie von einer Epidemie in China berichtet. Wäre an der diesjährigen Winter/ Frühlings-„Grippe-Welle“ etwas auffällig? Wahrscheinlich nicht, wie der Epidemiologe und ehemalige Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg auf seiner Homepage herausstreicht (https://www.wodarg.com/). Er bezieht sich dabei auf Zahlen, die jeder auf der Website EuroMOMO (https://www.euromomo.eu/) nachlesen kann.

Der Test und der Satz von Bayes

Es wird gefordert, massiv nach dem neuen Virus zu testen. Was aber sagt ein positiver Test aus? Das hängt von drei Größen ab: Der Sensitivität, Spezifität und der Basisrate an Erkrankten in der Population. Es bleibt meist unerwähnt, dass jeder diagnostische Test nicht mit 100%iger Sicherheit eine Krankheit identifizieren kann. Man spricht von der Sensitivität des Tests und meint damit die Prozentzahl positiver Testergebnisse bei Patienten, die tatsächlich erkrankt sind. Die Spezifität bezeichnet den Prozentsatz der Patienten mit negativem Testresultat, die tatsächlich auch keine Erkrankung haben. Schließlich ist die Basisrate der Prozentsatz der Population, die an der Erkrankung leidet, oder anders ausgedrückt die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewähltes Individuum an der Erkrankung leidet. Letztere ist für COVID-19 sehr gering. Die Genauigkeit des COVID-19 Tests ist kaum bekannt, jedoch zeigt eine neue chinesische Arbeit, dass der Test wohl ziemlich ungenau ist. So beträgt die Falsch-Positiv-Rate, das ist die Rate der positiv getesteten Personen, die eigentlich nicht an dem Virus erkrankt sind, über 50%, die Spezifität also weniger als 50% [3]. Nehmen wir nun an, jemand erhält ein positives Testergebnis. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er/sie NICHT mit dem Virus infiziert ist?

Sei H die Hypothese „Die Person ist infiziert“, ¬H ihre Negation, und T das positive Testergebnis. Dann ist P(¬H) gleich 100% minus der Basisrate, P(T|¬H) die Falsch-Positiv-Rate, und man kann den Satz von Bayes anwenden:

P(¬H|T) = P(T|¬H)*P(¬H)/P(T)

Durch die hohe Falsch-Positiv-Rate und geringe Basisrate ergibt sich eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein positiver Test bei einem zufällig ausgewählten Individuum ein falsches Resultat liefert. Lohnt es sich dennoch, sich testen zu lassen? Ja, und zwar finanziell für die Testhersteller.

Der Finanzcrash

Dass unser Finanzsystem in naher Zukunft an die Wand fahren wird, davon war auszugehen [4]. Nun scheint dieser „schwarze Schwan“ zeitgleich mit COVID-19 tatsächlich einzutreten bzw. wird durch alle Einschränkungen massiv beschleunigt. Zufall? Kann es sein, dass man das ohnehin Unvermeidliche nun einem Virus in Schuhe schieben möchte, um damit von den tatsächlich Verantwortlichen abzulenken? Diese Frage, deren spekulativen Charakter ich mir bewusst bin, lasse ich einfach mal so im Raum stehen.

Unser Gesundheitssystem

Man hat Angst davor, die Krankenhäuser würden dem Ansturm der COVID-19-Infizierten nicht standhalten. Doch die zentrale Frage ist: Warum? Warum sind so viele Betten mit chronisch Kranken besetzt? Hat hier nicht unser Gesundheitssystem auf dem Gebiet der Prävention chronischer nicht-übertragbarer Krankheiten versagt, so dass in einer akuten Krise keine Kapazitäten mehr frei sind? Tatsächlich werden in Deutschland nicht einmal 0,5% der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für präventive Maßnahmen ausgegeben [5].

Global versus Regional

Die aktuelle Krise sollte uns vor allem zum Denken geben, ob die Globalisierung der Märkte mit den damit verbundenen Abhängigkeiten eine gute Idee ist. Ich denke ganz klar nein. Die aktuellen Maßnahmen kann man deshalb als Chance sehen, wieder lokal zusammenzuarbeiten, sich auf Wesentliches wie Familie und Gemeinschaft zu besinnen und das eigene Konsum- und Reiseverhalten zu hinterfragen. Da Wort Krise leitet sich aus dem griechischen κρίσις krísis ab, was ursprünglich „Entscheidung“ bedeutet –  so sollte die aktuelle Lage idealerweise eine positive Entscheidung für eine zukünftig bessere regionale Vernetzung, mehr Nachhaltigkeit, Mitmenschlichkeit und Sorge um das eigene Ich herbeiführen.

Referenzen

1. Keil U, Schönhöfer P, Spelsberg A. The invention of the swine-flu pandemic. Eur J Epidemiol. 2011;26:187–90.

2. Hoffmann M, Kleine-Weber H, Schroeder S, Krüger N, Herrler T, Erichsen S, et al. SARS-CoV-2cell entry depends on ACE2 and TMPRSS2 and is blocked by a 1clinically-proven protease inhibitor. Cell. 2020;181:1–10.

3. Zhuang G, Shen M, Zeng L, Mi B, Chen F, Liu W, et al. Potential false-positive rate among the “asymptomatic infected individuals” in close contacts of COVID-19 patients. Zhonghua Liu Xing Bing Xue Za Zhi [Chinese Journal of Epidemiology]. 2020;41:485–8.

4. Jebsen K, Krall M, Häring N, Mayer T, Otte M. Positionen 20: Der große Finanz-Crash – Das Ende der Demokratie [Internet]. 2020 [Zugriff 1. März 2020]. URL: https://kenfm.de/positionen-20/

5. Scholl J, Schneider M. Gesundheitspolitik: Gesundheitsförderung und Prävention weiterdenken. Dtsch Arztebl. 2015;112:1830–4.

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