“If we want to understand the world around us, whether because we want to change it, preserve it, or just have the satisfaction of knowing it, we could very likely not do better, and could do a lot worse, than to turn to the contemporary sciences for elucidation.”
[“Wenn wir die Welt um uns herum verstehen möchten, sei es weil wir sie verändern wollen, erhalten möchten oder einfach wegen der Befriedigung, welche solch ein tieferes Verständnis hervorruft, gibt es höchstwahrscheinlich nichts sinnvolleres, aber auf jeden Fall viel schlimmeres, als uns der modernen Wissenschaft zum Zwecke unserer Erhellung zuzuwenden.“]
Ervin Laszlo, Philosoph und Systemtheoretiker [1].
In der Tat bietet die wissenschaftliche Methode, vor allem wenn sie mit philosophischem Hinterfragen verknüpft wird [2], einen der besten Zugänge zur Wirklichkeit und dem Wesen der Natur, welchen die Menschheit bisher entdeckt hat – die enormen Fortschritte in der technischen Entwicklung und unserem Naturverständnis, insbesondere auch von uns selbst als Mensch, sind Belege dafür. Allerdings bietet die Wissenschaft nicht den einzigen Zugang zur Realität; es gibt Bereiche oder Domänen der Wirklichkeit, die ihrer Methodik verwehrt sind und sich eventuell eher durch Intuition, Kontemplation oder andere spirituelle Praktiken erkennen lassen [3]. Wissenschaft unterscheidet sich von Pseudowissenschaft, indem sie Behauptungen über die Realität auf empirische Daten stützt. Im Unterschied dazu lassen sich pseudowissenschaftliche Behauptungen entweder nicht belegen beziehungsweise falsifizieren oder werden trotz eindeutiger Widerlegung aufrechterhalten. Die Wissenschaft versucht sich der Realität sukzessive anzunähern, indem sie Theorien und Hypothesen über die Natur anhand empirischer Beobachtungen (Daten) miteinander vergleicht, um diejenigen herauszufiltern, die das Wesen der Natur am besten beschreiben [4,5]. Wissenschaft, die funktioniert, ist frei von Dogmen und offen für Diskurs, ja lebt sogar davon, und ist damit in der Lage, sich selbst zu korrigieren – unsere Entdeckung eines extragalaktischen Planeten im Jahr 2010 [6], die später von anderen Wissenschaftlern aufgrund einer neuen Analyse als falsch herausgestellt wurde [7], ist ein für mich persönlich nicht so schönes, aber dennoch gutes und wichtiges Beispiel dafür.
Was wir derzeit allerdings in Verbindung mit der Corona-Krise erleben, ist extrem bedenklich und besorgniserregend. Die Wissenschaft wird missbraucht, um politische und finanzielle Interessen durchzusetzen. In den Mainstream-Medien tummeln sich regierungsnahe wissenschaftliche Experten und Sprecher von regierungsnahen Instituten mit massiven Interessenskonflikten, welche alle das gleiche Bild dieser Krise malen und somit einen falschen Eindruck von Einigkeit der Wissenschaft erzeugen, welches so nicht korrekt ist. Von Beginn an wurden Wissenschaftler oder Ärzte, welche anderer Meinung waren, nicht in den öffentlichen Medien präsentiert, zensiert oder sogar öffentlich diffamiert. Die Verleumdungskampagne gegen Dr. Wolfgang Wodarg, über die ich im März im Rubikon geschrieben hatte [8] ist ein Beispiel dafür. Aktuell traf es Professor Sucharit Bhakdi, der von den selbsternannten „Quarks Science Cops“ des WDR als „Corona-Verharmloser“ und Mensch, der andere in die Irre führt, persönlich angegriffen wurde – wohlgemerkt auf Kosten der deutschen Rundfunkbeitragszahler [9]. Neben solchen ad hominem Attacken war die öffentliche Debatte dabei von Anfang an geprägt von einer extrem reduktionistischen Sichtweise auf das Virus, welche zahlreiche wichtige Faktoren außer Acht lässt, wie zum Beispiel die Tatsache, dass wir über ein Immunsystem verfügen, das wohl besser als erwartet auf das neuartige Virus reagiert hat, und welches wir selbst sehr gut, z.B. mit Vitamin D, unterstützen können [10].
Ein weiteres Beispiel für politischen Wissenschaftsmissbrauch ist die Massentestung der Bevölkerung mit Hilfe des PCR Tests, einer molekularbiologischen Standard-Methode zum Nachweis kleinster Mengen von Genabschnitten. Von Beginn der Corona-Krise an berichten die Mainstream-Medien von den neuesten Infizierten-Zahlen, ohne auch nur einmal zu erwähnen, dass es sich in Wahrheit um positive PCR-Testergebnisse auf SARS-CoV-2 Virusbestandteile handelt. Damit werden gleich zwei Tatsachen verschleiert: Erstens, dass die PCR Tests wie alle medizinischen Tests falsch positive und falsch negative Ergebnisse liefern können. Hier hätte man sogar die Chance nutzen können, der Bevölkerung etwas über den berühmten Satz von Bayes beizubringen, welcher für die Interpretation von medizinischen Testergebnissen, auch z.B. Mammographie-Screenings oder HIV Tests, essentiell ist [11] – dies hätte zum Beispiel über die Methode natürlicher Häufigkeiten versucht werden können [12]. Zweitens, und dieser Punkt ist noch viel entscheidender, wurde versäumt zu erwähnen, dass der PCR Test keine Infektion mit dem Virus nachweisen kann. Das liegt daran, dass zum einen nur bestimmte Abschnitte eines viralen Genoms, aber nie dessen volle Länge, nachgewiesen werden, und dass selbst ein positiver Nachweis keinen Hinweis auf einen aktiven Virus liefern kann.
Nun haben wir als ein Konsortium von 22 internationalen Wissenschaftler(inne)n aus verschiedenen Bereichen der Medizin, Mikro- und Molekularbiologie einen der bekanntesten PCR Tests heftig kritisiert [13]. Es handelt sich um den von Victor Corman, Christian Drosten und Kollegen entwickelten qualitativen PCR Test zum Nachweis von SARS-CoV-2, dessen Beschreibung am 23. Januar als Originalarbeit im Journal Eurosurveillance publiziert wurde [14]. In unserem externen Gutachten dieses Artikels identifizierten wir 10 methodische oder andere, nicht dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Probleme, die eigentlich zur Zurücknahme („Retraction“) des Papiers führen müssten. In einem Begleitschreiben an die Editoren des Journals Eurosurveillance fordern wir deshalb diese Zurücknahme [15]. Die von uns entdeckten Fehler wurden bereits in anderen Artikeln gut beschrieben, auf die ich aus Platzgründen gerne verweise [16,17]. Zu den methodischen Fehlern zählen zu hohe Konzentrationen der verwendeten Primer, ein zu großer Unterschied in der Anlagerungstemperatur der verwendeten Primer, eine ungenügende Spezifizierung der Primer, eine ungenügende Abdeckung des Virusgenoms durch die Primer und eine zu hohe Anzahl an Replikationszyklen [13]. Im Wesentlichen führen die methodischen Fehler dazu, dass der von Drosten et al. entwickelte Test wahrscheinlich eine ungenügende Spezifität hat, d.h. dass er zu häufig falsch-positive Resultate erzeugt, indem er zum Beispiel auch auf andere Coronaviren anspricht. Dazu kommt, dass das Papier ziemlich sicher keinen „Peer Review“ Prozess, also ein wissenschftlichen Gutachten durch Fachkollegen, erfahren hat. Denn die Arbeit wurde innerhalb von 24 Stunden nach Einreichen zur Publikation angenommen (Abbildung 1).
Inzwischen konnten wir noch einen weiteren Fehler identifizieren: Auf Seite 4 schrieben Corman und Kollegen, dass sie sechs Coronaviren-Gensequenzen von Fledermäusen mit ihrem E Gen Assay korrekt identifizieren konnten: “To show that the assays can detect other bat-associated SARS-related viruses, we used the E gene assay to test six bat-derived faecal samples available from Drexler et al. und Muth et al.“ (das Wort „und“ ist wörtlich zitiert) [14]. Allerdings handelt es sich bei den angegebenen Gensequenzen um RdRp Gene, nicht E Gene. Gutwillig könnte man dies als Druckfehler interpretieren, indem statt „E“ einfach „RdRp“ dastehen müsste. Da dieser Fehler allerdings zu Verwirrung führt, weil er keinen Sinn ergibt, deutet auch dies auf fehlenden Peer Review hin. Der Nachweis eines fehlenden Peer Review Prozesses sollte bei einer wissenschaftlichen Originalarbeit eigentlich zu einer redaktionellen Stellungnahme und einer Retraction oder erneuten Begutachtung führen – außer die Autoren haben mächtige Beziehungen. Genau das war hier auch der Fall, da Drosten und seine Mitautorin Chantal Reusken im Editorial Board von Eurosurveillance sitzen, was sie als Interessenkonflikt hätten angeben müssen. Dies taten sie genauso wenig wie die Mitautoren Olfert Landt und Marco Kaiser, welche finanzielle Verbindungen zur Firma TIB-Molbiol besitzen, welche die ersten PCR Test Kits basierend auf dem Corman-Drosten-Protokoll anbot. Weitere Zusatzinformationen zu den Interessenkonflikten der Autoren hat z.B. Ansgar Neuhof auf Achut.com herausgearbeitet [16].
Von Christian Drosten selbst fehlt bisher eine offizielle Gegendarstellung zu unseren Argumenten. Stattdessen wurden erstmal ein „Bissiges Mäuschen“ [18] und der Virologe Prof. Dr. Dr. Schmidt-Chanasit [19] medial vorgeschickt, um unsere Kritik als „Desinformationskampagne“ hinzustellen. Neben der fehlenden detaillierten Entkräftigung unserer Kritikpunkte werfen uns beide auch vor, wir hätten „die normale Publikationskultur umgangen“ und unser „Werk auf ungewöhnlichem Weg publik gemacht und dann in die Sozialen Medien gestreut“ [18]. Die Einrichtung unserer Webseite hat aber erstens nichts mit dem Inhalt unseres Papiers zu tun und zweitens hatten wir das Werk auch parallel auf dem wissenschaftlichen Preprint-Server Zenodo hochgeladen [13]. Zumindest nimmt Eurosurveillance unser Papier ernst und hateine Untersuchung unserer Forderung nach Retraction angekündigt [20]. Es bleibt zu hoffen, dass hier alleine der wissenschaftliche Inhalt unseres externen Peer Reviews bewertet werden wird, ohne politische und finanzielle Einflussnahme im Hintergrund.
Falls wir Erfolg haben, und Drosten und Kollegen Ihr Papier zurückziehen müssen, bzw. selbst wenn sie es nur nachträglich noch verbessern müssten, wäre dies ein deutliches Signal, die Corona-Maßnahmen endlich anhand der wissenschaftlichen Evidenz zu hinterfragen, anstelle sie durch pseudo-wissenschaftliche „Eminenz“ festzuklopfen. Dazu noch drei Beispiele aus der aktuellen Forschung am Rande: Erstens erschienen kürzlich die Ergebnisse der sehr sauber durchgeführten randomisierten DANMASK-19 Studie zur Wirksamkeit von medizinischen Masken im Alltag, die keinen Nutzen zeigen konnte [21]. Trotzdem wird der Maskenzwang weiterhin aufrechterhalten und sogar ausgeweitet. Zweitens konnte eine Untersuchung aus Wuhan, China, anhand von 1174 getesteten nahen Kontaktpersonen von asymptomatischen „Infizierten“ absolut keinen Anhalt dafür finden, dass asymptomatische Menschen andere anstecken würden [22]. Trotzdem schicken wir reihenweise asymptomatische Personen in Quarantäne, nur weil sie ein (vermutlich falsch) positives PCR Testergebnis haben. Drittens liegen nun viele Auswertungen zur Wirksamkeit der Lockdowns im Frühjahr vor, die allesamt keinen Zusammenhang zwischen dieser Maßnahme und einer Verringerung der Sterblichkeit zeigen konnten [23–26], sondern im Gegenteil auf mehr Schaden als Nutzen hindeuten [27,28]. Trotzdem hat die Regierung nun einen zweiten harten Lockdown kurz vor Weihnachten beschlossen, was vor allem durch eine ad-hoc Stellungnahme der Leopoldina Akademie vom 8. Dezember 2020 begründet wurde. Dieses Papier, das ganze 7 Seiten umfasst (davon zwei Seiten nur Namen der unterzeichnenden „Eminenz“), verlangte anhand einer einzigen Modellierungsstudie einen harten Lockdown ab 14. Dezember. Noch am Tag ihrer Veröffentlichung drückte der ebenfalls der Leopoldina angehörende Professor für Wissenschaftsphilosophie Dr. Michael Esfeld in einem offenen Brief seine Bestürzung über dieses Papier aus, welches nach seiner Ansicht „die Prinzipien wissenschaftlicher und ethischer Redlichkeit“ verletze. Insbesondere mahnte er die Leopoldina „ihre Autorität nicht dazu [zu] verwenden, einseitige Stellungnahmen zu verfassen, die vorgeben, eine bestimmte politische Position wissenschaftlich zu untermauern.“ Selbst die Welt schrieb am 11.12.2020, die Stellungnahme der Leopoldina sei „alles andere als ein wissenschaftliches Dokument, sie ist auch keine wissenschaftliche Zusammenfassung eines Forschungsstandes. Sie ist ein Sammelsurium von sorgenvollen Aussagen über die aktuelle Situation, kombiniert mit einigen drastischen Vorschlägen, die ihre Autorität daraus ziehen sollen, dass die Autoren nun einmal in leitenden Funktionen im Forschungsbereich tätig sind“ [29]. Der Eminenz- statt evidenzbasierte zweite Lockdown in Deutschland stellt also wieder einen massiven Missbrauch der Wissenschaft durch Politiker und deren Handlanger in wissenschaftlichen Einrichtungen dar.
Zum Anschluss möchte ich noch auf die neueste Mode des Wissenschaftsmissbrauchs durch sogenannte „Faktenchecker“ eingehen. Diese versuchen, einen Absolutheitsanspruch einer bestimmten Meinung durchzusetzen, indem sie angebliche „falsche Fakten“ identifizieren und richtig stellen wollen. Kurz nach der Veröffentlichung unseres externen Corman-Drosten Reviews erhielt ich einen Anruf von der Pressestelle meines Krankenhauses, dass ein Faktenchecker sich erkundigt hatte, ob ich hier angestellt sei und wissentlich mit auf dem Papier stehe. In seiner Email an das Krankenhaus hieß es dazu zur Begründung: „Über eine zeitnahe Rückmeldung freue ich mich sehr. Sie helfen damit der Verbreitung von falschen Informationen etwas entgegen zu stellen.“ Es stellt sich natürlich die Frage, wie solch ein Faktenchecker, der in diesem Fall übrigens einen Masterabschluss in Theater-, Film- und Medienwissenschaft besaß, darüber urteilen möchte, ob eine wissenschaftliche Arbeit, die von einem Korsortium aus 22 Wissenschaftlern angefertigt wurde, falsche Informationen enthält. Der Leser entscheide selbst ob das realistisch und ein solches Vorgehen erstrebenswert ist. Für mich sind diese Faktenchecks nichts weiter als eine gezielte Manipulation der Meinung der Bürger unter dem Deckmantel von Wissenschaftlichkeit und erinnern stark an das Ministerium für Wahrheit aus George Orwells’s dystopischem Roman „1984“ – ein deutliches Warnsignal, das wir alle ernst nehmen sollten. Denn Wissenschaft ist in der Lage sich selbst zu korrigieren; es braucht dazu weder Faktenchecker noch Politik.
Referenzen
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[2] Laplane L, Mantovani P, Adolphs R, Chang H, Mantovani A, McFall-Ngai M, et al. Why science needs philosophy. Proc Natl Acad Sci U S A 2019;116:3948–52. doi:10.1073/pnas.1900357116.
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